Die PRESSE
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13.9.2008
Welterbe: Leichtsinniges Österreich
Debatte. Schlecht koordiniert & finanziert: Experten kritisieren Österreichs Unesco-Politik.

Denn während der Schutz der acht österreichischen Welterbestätten als völkerrechtlich eingegangene Verpflichtung eine nationale Aufgabe ist, obliegen Fragen der Flächenwidmung und Bauplanung den Ländern. Was das konkret bedeutet: Die Stadt erteilt – legalerweise – die Genehmigung für ein Bauprojekt mit Türmen, das außerhalb einer Unesco-Schutzzone liegt – die Konsequenzen für etwaige Sichtachsen eines historischen Gebäudes lösen erst im Nachhinein eine – vor allem medial geführte – Debatte aus. Wie das passieren kann? Der Grund ist ein Fehler des Systems Weltkulturerbe an sich: Die erlaubte Höhe von Objekten rund um eine Erbstätte (aber weit weg genug, um nicht mehr in der Pufferzone zu liegen) ist gar nicht festgesetzt.

„Wir brauchen klare Richtlinien, wie Investitionen von außen vonstatten gehen dürfen – das hilft sowohl der Stadt als auch den Investoren“, sagt Wolfgang Kippes, Geschäftsführer der Schloss Schönbrunn-GmbH. Kippes plädiert für die Erstellung eines „Masterplans“, der für potenzielle Investoren klar festgelegt, in welchen Zonen bauliche Veränderungen stattfinden dürfen, und wo nicht. Doch Sichtachsen sind von einem Hochhausprojekt schnell bedroht – darf sich die Architektur der Stadt dann gar nicht wandeln? „Es geht uns nicht darum, Stadtentwicklung zu verhindern“, so Kippes, „aber wenn man geschickt vorgeht, kann man durch den Bau von Hochhäusern Sichtachsen sogar noch zusätzlich betonen.“

Leichtsinnigkeit – das ist, was die Generalsekretärin der österreichischen Unesco-Kommission, Gabriele Eschig, als Ursache der Querelen wähnt: Österreich habe sich sehr rasch für viele Stätten um einen Listenplatz bemüht – allerdings ohne Bewusstsein für die Konsequenzen. „Man hat gedacht man heftet sich einen Orden an die Brust – letztlich ist die Hoffnung auf einen Entwicklungsschub in vielen Regionen enttäuscht worden.“

Für die Experten könnte eine Vereinbarung nach dem Artikel 15a der Verfassung eine Lösung sein, wie sie zwischen Bund und Land für die Finanzierung der Gugginger Universität besteht: Dieses Übereinkommen soll klare Regeln enthalten – sowohl in Finanzierungs- als auch in Baubewilligungsfragen.

Ein Prototyp existiert: Für die Prüfung von Bauprojekten in und rund um die Grazer Altstadt (sie gilt seit 1999 als Weltkulturerbe), hat sich der Gemeinderat auf einen Managementplan geeinigt. Die Darstellung des Schutzgebiets legt fest, was keinesfalls verändert werden darf oder wo sogar Baubedarf besteht.

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