Der Standard
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10. Dezember 2004
Hochhaus bedroht Welterbe Schönbrunn
Die Hochhauspläne für die Komet Gründe wurden nun mit Blick auf Schönbrunn visualisiert. Jetzt kann die Stadt Wien wieder einmal mit schwerer Schelte von der Unesco rechnen.
Roman David Freihsl
Wien - Die Stadt Wien kann durchaus davon ausgehen, dass ihr die Welterbeorganisation Unesco kurz vor Weihnachten ein verspätetes Krampuspackerl bescheren wird. Nach der für die Stadt desaströsen Wien Mitte Diskussion sind es nun die Hochhauspläne für die ehemaligen Komet Gründe in Wien Meidling, die die Hüter des Welterbes auf den Plan gerufen haben. Das Projekt eines Einkaufszentrums samt 120 Meter hohem Hochhaus war im Oktober nach einem scharf kritisierten Wettbewerb präsentiert worden (DER STANDARD berichtete). Nun würde aber dieses Gebäude nur knapp außerhalb der Pufferzone des Welterbes Schloss Schönbrunn stehen das noch dazu gerade von der Unesco evaluiert wird. Daher schlugen sowohl die Unesco als auch deren Beraterorganisation Icomos der Schlossgesellschaft vor, dieses Hochhausvorhaben einmal zu visualisieren. Das gemeinsam mit Experten erarbeitete Ergebnis, das dem STANDARD exklusiv vorliegt, konnte Schönbrunn Geschäftsführer Franz Sattlecker erst nicht glauben, er ließ mehrfach nachrechnen. „Was da zu sehen ist, ist schlicht erschreckend", so Sattlecker. „Dieses Projekt berührt jedenfalls die Qualität des Weltkulturerbes Schönbrunn und würde in seiner derzeitigen Form zu einer massiven Beeinträchtigung des historischen Gesamteindrucks führen. Ich gehe davon aus, dass sich die Politiker ihrer Verantwortung bewusst sind." Stadt und Projektbetreiber sollten sich vor weiteren Schritten daher unbedingt mit der Unesco ins Einvernehmen setzen.
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Der Panoramablick von der Gloriette aus: Würde das Hochhaus wie geplant errichtet, würde es das Schloss optisch in den Schatten stellen.

Wie in Wien Mitte

Wobei dort ohnehin schon die Alarmglocken läuten: Wilfried Lipp, Präsident von Icomos Österreich, erklärte bereits bevor ihm diese Bilder vorlagen: „Wenn das stimmt, was mir erzählt wurde, ist das sicher eine Fortsetzung dessen, was in Wien Mitte war." Dort scheiterten Hochhauspläne wegen der Nähe zum Welterbe Innere Stadt nach schwerem Unesco Protest. Die Stellen in Paris seien schon informiert, so Lipp. Am 20. Dezember sei Wien wegen eines geplanten Großkongresses ohnehin auf der Tagesordnung einer Unesco Sitzung. „Da wollte ich es nicht verabsäumen, rechtzeitig zu informieren, was derzeit in Wien los ist." Dass das Hochhaus außerhalb der Pufferzone stehen würde, ist dabei irrelevant wie das Beispiel Köln zeigt. Dort hat der Dom als Welterbe zwar keine Schutzzone dennoch zögerte die Unesco nicht, das Bauwerk wegen Hochhausplänen am anderen Rheinufer kurzerhand auf die „rote Liste" zu setzen. Im Vergleich zu Köln wäre es vom Meidlinger Tor, der Grenze der Schönbrunner Kernzone, nur die halbe Distanz zum Hochhaus.
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