Wiener Zeitung
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4. August 2010
Welterbe-Konferenz in Brasilien nahm auch zwei Wiener Großprojekte unter die Lupe
Unesco will Türme stutzen
Von Christian Mayr
  • Komet-Projekt und Hauptbahnhof stehen im Visier der Welterbe-Hüter
  • Ärger, weil Wien Einigung ignorierte

Wien. Einen "Problemfall", der einen "vehementen Einspruch" erwarten lasse, sah der Architekt und Denkmalschützer Manfred Wehdorn bereits im März im geplanten "Komet"-Hochhaus. Nun ist der mit 73 Metern konzipierte Turm nahe Schloss Schönbrunn tatsächlich im Visier der Unesco-Welterbe-Hüter, die auf ihrer Jahrestagung in Brasilia eine Reduktion auf 60 Meter forderten. Pikant ist, dass genau diese Höhe schon vor vier Jahren von der Unesco festgelegt worden war, das Hochhaus danach aber wieder gewachsen ist; ursprünglich sollten es sogar 120 Meter sein. Auch eine – zumindest geringfügige – Reduktion erwartet sich die Unesco bei zwei Türmen auf dem neuen Hauptbahnhof, die im Blickfeld rechts neben dem Belvedere auftauchen würden. Bei diesen beiden ÖBB-Hochhäusern (Bahnhof-City und neue Unternehmenszentrale) kam es, wie die "Wiener Zeitung" berichtete, bereits zu einer Redimensionierung auf 88 Meter. Genaueres soll dazu eine neuerliche Studie über die visuellen Auswirkungen des Großprojekts liefern, die die Unesco bis 1. Februar 2011 einmahnt.

Grünlicht für Bahnhof

Selbige gab es bereits im Frühjahr (siehe Bild oben), bei der dem Hauptbahnhof gestützt auf etliche Visualisierungen quasi Unbedenklichkeit attestiert wurde. "Gewisse Sichtbeziehungen haben aber gefehlt, diese sollen jetzt nachgereicht werden", erklärt dazu Wilfried Lipp, Präsident des Unesco-Denkmalrates Icomos in Österreich.

Prinzipiell hält er aber fest, dass die Unesco den Hauptbahnhof zur Kenntnis genommen habe und es nun nur noch um "Nachbesserungen" gehe. Schärfer sei freilich die Reaktion zum "Komet"-Projekt einzustufen: "Hier lautet die klare Empfehlung, sich an die ursprünglich ausverhandelte Höhe zu halten."

Allerdings seien die Unesco-Forderungen noch nicht ganz offiziell, betont Lipp, in der Regel würden die jetzigen Vorentwürfe allerdings später zu offiziellen "Entscheidungen". Im Büro von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) will man sich daher aus diesem Grund mit Äußerungen zurückhalten. Zuletzt sah Schicker freilich keinerlei Anlass, weder beim "Komet"-Projekt noch beim Hauptbahnhof Änderungen vorzunehmen.

Daran denkt auch "Komet"-Architekt und Projektbetreiber Peter Podsedensek nicht, der auf eine gültige Flächenwidmung mit Höhen von 73 Metern verweist. Könnte der Turm freiwillig reduziert werden? "Auf diese Diskussion will ich mich nicht einlassen", erklärt Podsedensek. Für ihn ist aber die auch von Wehdorn klar festgestellte optische Beeinträchtigung des Schlosses Schönbrunn durch das Bauvorhaben "unverständlich", da der Turm auf 98 Prozent des Areals nicht zu sehen sei; Podsedensek hält daher die formulierten Unesco-Bedenken für "Zündelei".

Faktum ist, dass das Projekt noch über keine Baugenehmigung verfügt, weshalb die Stadt Wien einen Hebel hätte, eine Umplanung durchzusetzen. Laut Podsedensek gebe es auch noch keinen Termin für einen Baustart.

Eine Aberkennung des Wiener Welterbe-Status droht laut gut informierten Kreisen da wie dort jedoch nicht: "Man wird sich am Ende einigen können", so die Prognose.

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