Wiener Zeitung
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23.1.2008
Bewohnerin der Kometgründe: "Wir wohnen seit sechs Generationen in dem Haus und wollen nicht weg"
Im Würgegriff des Einkaufszentrums
  • Einkaufszentrum auf Kometgründen
  • Drei Hausbesitzer verkaufen nicht
  • Häuser sollen nun "umbaut" werden
Von Christian Rösner

Wien - "Uns hilft niemand", beklagt eine Bewohnerin der Fabriksgasse in Wien-Meidling. Denn ihr Haus soll dem Einkaufszentrum (EKZ) auf den sogenannten Komet-Gründen weichen. Das ist jedenfalls der Wunsch der Betreibergesellschaft HPD-Holding und der Stadt Wien.

Die Nummer 12 wurde bereits verkauft. Die Eigentümer der Adressen Fabriksgasse 14 und 16 sowie der Schönbrunner Schloßstraße 2 wollten sich von ihren Häusern aber nicht trennen. "Wir wohnen in der sechsten Generation in diesem Haus", betont die Frau. Jetzt wurde das umstrittene Einkaufszentrum vorläufig rund um die Häuser herum geplant; samt 71 Meter-Hochhaus. Die ursprünglich geplante Höhe von 120 Meter war 2006 im Widerspruch zum Welterbe-Prädikat des benachbarten Schönbrunner Schloss-Areals gestanden und musste reduziert werden.

Auch Jank hat Bedenken

"Die wollen aber noch immer unbedingt unsere Häuser, Angebote hat es schon viele gegeben", erzählt die Anrainerin weiter. "Und alle wollen uns überreden: Die Betreibergesellschaft, der Bezirksvorsteher, das Magistrat".

Aber abgesehen von den Einzelschicksalen in den betroffenen Häusern stellen nicht nur empörte Anrainer das Großprojekt in Frage. Selbst die Wiener Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank bezeichnet gegenüber der "Wiener Zeitung" das Einkaufszentrum im Vollausbau als "nicht besonders sinnvoll". "Das Projekt zieht der Meidlinger Hauptstraße die Kaufkraft ab", meint Jank. Eine Befürchtung, die die Anrainer teilen – "wir haben eigentlich ohnehin alles in der Nähe, was wir brauchen".

Die Komet-Bürgerinitiative äußert aber noch andere Bedenken. Sie befürchtet eine Verkehrslawine auf das Gebiet zurollen. Bereits jetzt würden täglich 40.000 Fahrzeuge auf der Schönbrunner Schloßstraße fahren. "Nicht auszudenken, wenn es da noch zusätzlich eine Ein- und Ausfahrt zur Tiefgarage eines Einkaufzentrums gibt", so die Anrainerin.

Außerdem würden sich Lärm- und Feinstaub-Belastung erheblich erhöhen. Experten würden immerhin von einer Lärmsteigerung von 15 Prozent ausgehen, meint man bei der Bürgerinitiative. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es bei diesem Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüpfung (UVP) gegeben hat.

Büro Schicker reagiert

"Die Umweltbehörde hat das Projekt geprüft und befunden, dass eine UVP nicht notwendig ist", hieß es dazu aus dem Büro von Planungsstadtrat Rudolf Schicker. Auch die Umweltbelastung sei geprüft und eine zusätzliche Feinstaubbelastung ausgeschlossen worden – "sonst wäre es ja eben nicht ohne UVP gegangen", ergänzte die Schicker-Sprecherin. Was die Lärmbelastung betrifft, handle es sich um einen Steigerungswert, der sich nicht im wahrnehmbaren Bereich befinde.

Zu den noch im Projekt-areal stehenden Häusern meint man im Büro Schicker: "Ursprünglich ist man davon ausgegangen, dass sie verkauft werden. Jetzt hat man die Pläne so geändert, dass die Bewohner bleiben können." Sie würden auch weiterhin genügend Platz und Licht haben, "die Bauordnung wird hier auf jeden Fall eingehalten".

"Wenn die Häuser bleiben, dann halbiert sich das Projekt", erklärt Gretl Carney von der Komet-Bürgerinitiative die Hartnäckigkeit der Projekt-Befürworter.

"Es werden Flächen fehlen, aber die Hälfte ist es nicht", erklärt wiederum der für die Kometgründe beauftragte Architekt Peter Podsedensek der "Wiener Zeitung". Er schätzt einen Flächenverlust von etwa 15 bis 20 Prozent im Vergleich zur "großen" Variante.

Sollte das Haus auf der Schönbrunner Schloßstraße 2 bleiben, werde man sich aber eine andere Fassadenbehandlung des EKZ-Gebäudeteils an der Ruckergasse überlegen müssen. Denn sonst würde das alte Gründerzeitgebäude wie ein Fremdkörper wirken, meint Podsedensek.

Und falls die beiden Häuser in der Fabriksgasse nicht verkauft werden, könne aufgrund der Bauordnung ein geplantes Penthouse nicht errichtet werden. Momentan sieht es nicht so aus, als würden die Besitzer verkaufen wollen. "Noch nicht", hofft Podsedensek: "Jeder, der sich jetzt anschließt, kann nur gewinnen". Denn gebaut werde auf jeden Fall.

Objekte entwertet

Und abgesehen vom zwei bis drei Jahre anhaltenden Baulärm, würden die Objekte durch das EKZ entwertet. "Die Betreibergesellschaft geht sehr generös mit ihren Angeboten um", betont Podsedensek. Einem Hausbesitzer sei sogar eine Villa in Unter St. Veit angeboten worden – ohne Erfolg.

Bleibt es bei der "reduzierten" Variante, dann bekommen die Bewohner der Nordseite der Schönbrunner Schloßstraße ein 71 Meter hohes Haus vor die Nase gesetzt und die in der Fabriksgasse ein mehrstöckiges Wohngebäude – ob sie wollen oder nicht. Die Flächenwidmung soll jedenfalls noch heuer beschlossen werden.

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